Variazionen

Thema.

Was nur reiche Geister ahnen
Glaubst du dein, du winzig Ding?
Deine Mittel sind gering
Fort Profaner zu Profanen!

1. Gegen die Aesthetiker

Du Professor schöner Künste
Lösest in der Pfeife Dünste
Aller holden Dichter Gaben
In gar wenige Buchstaben
Schenk jezt deinen Unterthanen
Was nur reiche Geister ahnen.

Funken, die aus kaltem Stahle
Springen bey dem Siegesmahle
Lichter die nur fromme Augen
Aus dem heilgen Geiste saugen,
Feuer, das aus Blitzen ging
Glaubst du dein du winzig Ding?

Zünd dein Schwefelholz im Dunkeln
Bey des Phosphors schwachem Funkeln,
Kurzer Glanz, denn wie so ärmlich
Brennt es nun und stinkt erbärmlich, –
Und verbrannt ist nun das Ding. –
Deine Mittel sind gering.

Was in einem reinen Busen
Für euch schlägt ihr heilgen Musen,
Was in ewiger Gemeinde
Sie verkünden ihrem Freunde
Soll uns jetzt zusammen mahnen,
Fort Profaner zu Profanen.

2. An eine witzige und trotzige Jungfer

Ob du schon gescheidt zu nennen,
Deine Worte weist zu stellen
Und wie Kirschenkern zu schnellen
Daß sie, wo sie treffen, brennen
Besser muß ich dich doch kennen,
Denn ich ging auf gleichen Bahnen,
Ernst bin ich wie du gewesen! –
Solch ein witzig trotzig Wesen
Ist der Wahrheit schmerzlich Zahnen, –
Was nur reiche Geister ahnen.

Sprich, was willst du von der Welt?
Denk, sie lebt schon manches Jahr
Sah, was groß und wunderbar
Ob sie gleich dir nicht gefällt,
Dennoch hat sie dich erhellt.
Weil mit Pracht die Sonn aufging
Ist dein Auge strahlend schön. –
Kann doch nicht die Sonn ansehn! –
Und das Licht, das dich umfing,
Glaubst du dein du winzig Ding?

Zier dich nicht in eigner Art!
Lieber stell dich schön verschämt,
Bis sich alles leicht bequemt,
Statt zu scheinen klug und hart,
Wirst gewiß bald weich und zart.
Sieh den Apfel der da hing
Kalt und hart und grün zugleich
In den Händen ward er weich,
Daß ich ihn zum Frühstück bring;
Deine Mittel sind gering.

Wie du wirfst ihn an die Erde
Schmähst der Schönheit Preis und Gabe?
Hexe, daß dich Satan labe
An dem kleinen Zauberheerde
Kommt er mit dem Fuß vom Pferde,
Schwören sollst du seinen Fahnen
Und als alternde Kokette
Allen Knaben zum Gespötte
Wird ein Bock zur Höll dich mahnen,
Fort Profane zu Profanen.

3. Gegen einen Tyrannen

Wie? du weist, was Gott verborgen?
Durchs Geheimniß des Geschicks
Dringt die Klugheit deines Blicks
Und du stehst in hellem Morgen,
Wo wir alle dunkel sorgen
Willst in deines Lebens Bahnen
Willst zu deinen Stolzes Fahnen
Mächtige Nazionen zwingen,
Armer, du must selbst vollbringen
Was nur reiche Geister ahnen.

Als Prometheus Feuer stahl
Aus des Himmels ewgem Glanz
Träumt er sich zum Gotte ganz
In der Menschen regen Zahl,
Sah noch nicht des Feuers Qual.
Als er an dem Felsen hing
Selbstgeschmiedet an den Ring
Sprach ein Menschlein ihm zum Spotte:
Feuer das du stahlst dem Gotte
Glaubst du's dein, du winzig Ding?

Und der Alte starrte auf,
Wollte stürzen, was er schuf,
Doch vergebens war sein Ruf,
Alles hatte ewgen Lauf
Langsam hölt den Stein die Trauf
Wer mit sich die Welt anfing
Wer nicht in die Schule ging
Wer sich gegen sie verschwor
Muß ihr dienen als ein Thor,
Seine Mittel sind gering.

Frevle rasch zu deinem Ziele,
Hast mich immer langeweilet
Wo du grossen Ruhm ereilet
Denn es war doch nur zum Spiele,
Bahn zu sprengen dem Gefühle,
Das da folgt den heilgen Fahnen,
Unsrer Völker frommen Ahnen,
Und in deinem höchsten Glanze
Fallen die Blätter von deinem Kranze,
Fort Profaner zu Profanen.

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