Traumkönig und sein Lieb

Süß schlummert das Mädchen im Kämmerlein,
Gebettet auf reinlichem Pfühle;
Die Sommernacht haucht würzig herein
Mit ihrer erquickenden Kühle.

Am Fenster blühn die Rosen zumal,
Es duften so süß die Linden,
Kaum mag des Mondes goldner Strahl
Durchs Laub den Eingang finden.

Doch plötzlich stärker wird der Duft,
Glühwürmchen weben und flimmen,
Es rauschen die Blätter, es klingt die Luft
Von leisen melodischen Stimmen:

»Süß Lieb, süß Lieb, und wiege dich fein
Auf stillen Schlummerwogen!
Traumkönig will dein Liebster sein,
Traumkönig kommt gezogen.«

Da steht der Elf zu Häupten ihr;
Er schüttelt die Locken, die dunkeln,
Daß hell an seiner Krone Zier
Die Edelsteine funkeln.

Dann beugt er sich sanft auf die Holde herab,
Küßt Stirn und Lippen ihr leise
Und zieht mit goldenem Zauberstab
Umher viele luftige Kreise.

Und wie er sie weiter und weiter schlingt,
Da wird zum Palaste das Stübchen,
Drin ruhn, von fürstlichem Glanz umringt,
Traumkönig und sein Liebchen.

Aus purpurnen Polstern bereitet schwillt
Die prächtige Lagerstätte;
Von ferne dämmert die Lampe mild.
Zwei Pagen knieen am Bette.

Und drüber in silbernem Reifen schwingt
Ein Vogel sein farbig Gefieder,
Er schaukelt sich sacht wie im Schlaf und singt
Ein Brautlied schmelzend hernieder.

So ruht Traumkönig beim Liebchen fein
In traulichem Küssen und Kosen,
Bis hell das Lager der Morgenschein
Bekränzt mit leuchtenden Rosen.

Dann schwindet der Elfe von dannen sacht,
Rings ist der Zauber zerflossen,
Und auch das Mädchen, das holde, erwacht,
Von lieblicher Scham übergossen.

Doch als sie empor nun die Augen schlägt,
Von langen Wimpern umsäumet,
Da seufzt sie, da preßt sie das Herz bewegt:
»Ach, war denn mein Glück nur geträumet?«

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