Die neue Zeit

Seltnes ward von uns erlebet,
Einer von den großen Tagen;
Ja, die Weltuhr hat geschlagen,
Daß die Mitternacht erbebet.

Funkelnd glänzten die Gestirne
Einem neuen Tag entgegen,
Auf der Erde keimte Segen,
Und der Mensch erhub die Stirne.

Morgenwolken rot und blutig
Kamen drauf herangezogen,
Nebel kamen aufgeflogen,
Doch das Herz blieb fest und mutig.

Bis der Stral vom Himmel zückte,
Bis die Stürme heulten wütend,
Und die alte Nacht sich brütend
Auf die müden Häupter drückte.

Und es zagten alle Frommen,
Und es seufzte der Gerechte:
»Soll vergehen dieß Geschlechte,
Noch bevor die Sonn' ist kommen?«

Sieh, da tönet eine Stimme,
Macht sich Bahn zu aller Herzen,
Durch die Seufzer, durch die Schmerzen,
Durch das Element im Grimme:

»Einst geschieht des Himmels Wille,
Ihr geht unter All' im Ringen,
Aber Er wird es vollbringen.
Und die Weltuhr steht nicht stille.

Wollt ihr in die Räder fahren?
Wollt ihr am Gewichte zerren?
Wißt ihr's nicht? vor Gott dem Herren
Ist ein Tag gleich tausend Jahren!«

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