Im Lauterthal

Was lachen mich die Männer,
Die schmucken Mägdlein aus,
Daß ich so eifrig schaue
Nach dem zerfallnen Haus?

Daß ich so sehnlich folge
Des Flusses krummem Lauf,
Daß ich so rüstig steige
Den hohen Berg hinauf?

Sie mögen es nicht glauben,
Daß mir durch Thal und Höhn
Die Lust den Schritt beflügelt
Bei dieser Stürme Wehn;

Sie loben Stadt und Ebne
Und schielen halb mit Neid
Auf meine weichen Hände
Und auf mein städtisch Kleid.

Ihr Männer des Gebirges!
Es thut mir herzlich weh,
Daß ihr die Nahrung kärglich
Abzwinget eurem Schnee;

Daß euren schlanken Töchtern
Die Last den Rücken beugt,
Und euer Berg dem Durste
Kein Tröpfchen Weins erzeugt.

Doch däucht mir noch viel bittrer
Als euer Durst und Schweiß,
Daß euer Geist vom Schönen,
Von Gottes Bild nichts weiß.

Die Noth, an der ihr zehret,
Der euer Leib sich bückt,
Hat euch ins Herz gefressen,
Hat euch den Sinn erdrückt!

In Seiner Leidenswoche
Durchwandl' ich dieses Thal:
Er kennet jeden Kummer,
Er heilet jede Qual!

Geb' Er dem Jahre Segen,
Daß es euch tränkt und speist,
Und löse dann die Binde
Von dem verhüllten Geist!

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