Nachruf an Wilhelm Hauff

O heller Tage dunkles Ende, Tod!
Den Schleier wirfst du über viel Gestalten,
Die reich an Leben und von Jugend rot
Vor diesem Auge, das du schlossest, wallten;
Ach! was die Welt im Keim von Bildern bot,
Das wußt' es schnell und glänzend zu entfalten,
Das wandelt noch vor unsern Blicken her,
Nur, der es schuf, der schauet es nicht mehr.

Aus Lust und Laune mußt' Er bald heraus,
Und kurze Frist ward Ihm zum Ernst gegeben:
Die Liebe führt' ihn in des Freundes Haus,
Dem jäher Sturz zerschmetterte das Leben,
Da ward vertraut Er mit des Grabes Graus,
Und neue Bilder sah Er um sich schweben:
Den Blick' versenkt' Er in den schwarzen Schlund:
Laß mich zum Freunde! sprach sein kranker Mund.

Und Weib, und Kind, und Ruhm – bescheeret kaum –
Schon schwand's vor ihm, und immer ward er stummer;
Vom Traum des Dichters ging's in Fiebertraum,
Vom bunten Fiebertraum in tiefen Schlummer,
Und so, im Schlummer, in den engen Raum,
In den er sinkt zu seiner Freunde Kummer;
Uns bleibt von seines Hauptes Jugendglanz
Nichts als der frühe, grüne Lorbeerkranz.

Doch weinet ihr um den entflohnen Geist
In hoffnungsloser Trauer nicht, ihr Lieben!
Uns ist, was uns der Wahrheit Wort verheißt,
Mit Flammenschrift in unsre Brust geschrieben:
Die Kraft, die schöpferisch den Schöpfer preist,
Die denkt und dichtet, sie kann nicht verstieben;
Sie schwindet nicht hinüber in das Nichts,
Sie schaffet droben in dem Reich des Lichts.

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