Maifrost

Oft leuchtet im Frühling die Sonne so warm,
Doch rauh pfeift der Nachtwind von Norden,
So ist mir auch gestern in deinem Arm
Eisig zu Mute geworden.

Dein Mund war so süß, dem Busen so weich,
So warm deines Herzens Pochen –
Da kam aus dem kalten Gedankenreich
Ein kalter Gedanke gekrochen.

Du sprachest so schön und platonisch zu mir
Von Liebe gleichfühlender Seelen –
Doch mir schien alles das nur die Gier
Der Leiber, sich zu vermählen.

Das alles ist Lüge und Trug der Natur,
Schlaflieder, uns einzuwiegen,
Sie schmeichelt dem stolzen Geiste nur,
Daß die Leiber sich williger fügen.

Und dieser Gedanke, mein liebes Kind,
Muß die innigste Liebe ermorden –
Wie schade, daß wir keine Tiere mehr sind
Oder noch keine Engel geworden!

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