Wie wir's lieben ...

Schon will der liebe Morgenschein,
indes die Vöglein singen,
Mir in die Kemenat' herein
mit süßem Lächeln springen.
Der du in diesem stillen Tal
mich oft geweckt am Morgen,
Sei mir gegrüßt, mein holder Strahl,
du lichter Tod der Sorgen!
Aufdringlich plagt die Finsternuß
verworrner Seelenkämpfe,
Und wie der Qualm Johannen Huß
umbraun mich Nebeldämpfe:
Die große Eitelkeit der Welt,
die Roheit, Dummheit, Lüge,
Und die mich stets am Grips noch hält,
der eignen Schwachheit Rüge;
Der Zweifel an berufner Kraft,
Mißtraun in stolze Sendung,
Die ungestillte Leidenschaft,
die Sehnsucht nach Vollendung.
Ein ganzes Bündel von Ideen,
ein wunderbarer Krempel,
Ach, könnt' ich aus mir selber gehn,
ich schmiss' ihn aus dem Tempel.
Doch da ich mal Karl Henckell bin
und leider nicht Hans Meier,
So führ' ich meinen Extrasinn
und meine Extraleier.
So leb' ich in den Tag hinein
und liebe gute Leute
Und setze über Stock und Stein,
bellt hinterdrein die Meute.
Herrn Drill und Söhne lieb' ich nicht,
der Kaiser ist mir schnuppe,
Des tollsten Rackers Angesicht
ist schöner als 'ne Puppe.
Ja, lieber ist mir noch der Lump,
verreckend hinterm Zaune,
Der Kunde lebt auf Schicksals Pump
und tanzt nach seiner Laune,
Und wenn du recht natürlich hopst,
bist du mir zehnmal lieber,
Als wenn du dich in Fischbein stoppst,
das Zwangskorsett darüber ...
Das Leben wird vom Tod erstickt,
drein wir uns selber schnüren,
Moral, sie heuchelt ihr Verdikt –
nur ja nicht daran rühren!

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