Das Geisterhaus

Das Geisterhaus, das aus Gerüchen aufgebaut,
Oft nah, daß ich neu wohne in längst Altem.

Dort wusch man einst die Leiche meiner Mutter,
Im Garten lernten mich die Blumen kennen,
Die Gartenblumen, die besonnen blühen.
Und draußen stand behaglich Korn und Klee
Und duftete Begehr, und heute weiß ich,
Daß alle Düfte über Feld und Gärten
Die Liebeslieder all der Blumen sind.
Doch damals unverstanden gingen Frühlingsnächte,
Noch kindlich schlief der Mond im weißen Baum.
Nur reich entsinn' ich körperlose Freuden,
Wenn dumpfe Wolken an den Himmel stiegen,
Ein Augenblick schoß aus den Ewigkeiten,
Er zeigte klein die Menschen, groß den Himmel.

Im Winter, wenn die Tage blind geworden,
Wuchsen die Menschen breit im sichern Hause,
Das bilderreiche Feuer wärmte Träume,
Und Träume wurden Sonnen langen Nächten.
Und viel noch weiß ich von Geheimnisdingen,
Denn mehr verwandter als die Menschenherzen
Waren die Herzen mir der Tiere und der Pflanzen.
In Sommernächten, wenn die Grillen spuken,
Wenn ganze Heere eine Nacht besangen ...
... Die furchtbar stummen Katzen in verlassnen Kammern,
Die durch verschlossne Türen jäh verschwinden,
Mit Augen, die entsetzlich Fremdes wissen,
Sie haben mehr erspäht als alle Menschen.
Und Schmetterlinge, die im Himmel wohnen,
Sie, die versargt gewesen in den Puppen,
Sie kamen oft zu mir dicht auf die Erde
Und legten lichtbestaubt die Baldachine
Flach in die Sonne, sprechend zu der Sonne.
Die Tage wurden so unirdisch lang,
Mit tausend Flügeln sangen die Insekten.
Ich lebte mit der flinken Eintagfliege
Die sechzig Jahre in der einen Stunde.
Doch später kürzten sich im Haus die Jahre,
Die Falten der Gesichter lehrten zählen,
Sie kamen näher, näher und verwandter,
Doch sehe ich auf sie, die abgeerntet haben,
Ungläubig noch, mit jenen unerschöpften Augen,
Die voll Unsterblichkeit heiliger Jugend.

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