Hohe graue Buchen ragen

Hohe graue Buchen ragen, tragen hohes graues Schweigen.
Letzte gelbe Abendstreifen legen feuergoldne Reifen um die dämmerdunklen Stämme.
Hart von roten toten Blättern starrt der Boden.

In dem schattenfeuchten Wald leuchten Leiber, nackte Glieder,
Matt die Männer, matt die Frauen liegen nieder, in die Blätter eingescharrt,
Ausgeschüttet funkelt Haar rot und dunkel.
Braune müde Männernacken schmiegen sich an Frauenbrüste.
Lüsteweich Frauenaugen. Männer, grau, bleich von Flüchen,
Falten in die Stirn gehauen, fest die Keulen in den Fäusten,
Zähne beißen in das beulenschwere Holz. –

Schweißig kalt fallen Tropfen von den Bäumen,
Männer, Frauen kauern lautlos,
Naß von Schauern trieft das Gras.
In den Büschen streichen Schritte,
Knaben, Greise, Mägde, schlangenleise, suchen gierig nach den Schatten.
Schatten lauern in den Buchen, hangen lang in dunkeln Gliedern
Von den bangen Espenbüschen, prangen funkelnd auf den schwarzen Tollkirschstauden.
Um die matten Männer, Frauen kreisen dunkler stets die Schatten,
Schwärzer funkeln alle Bäume, und mit schwarzer hoher Lohe
Droht die Nacht.

Alle Augen wachen düster,
Stimmen flüstern:
»Laßt die Knaben, Mägde, Greise um die hohlen Nächte werben,
Wir, wir wollen mit den letzten tollen Kräften lieben, sterben,
Fühlt, der Wald brütet heiße Nachtviolen, hütet schwarze Tollkirschbeeren,
In den reifen dunklen Säften wüten dunkle Liebeskräfte,
Greift die Blüten, greift die Beeren.«
Einer flüstert es dem andern,
Finger greifen nach den reifen Tollkirschzweigen,
Finger brechen von den stechend süßen Blüten.
Von den tollen Beerensäften funkeln schwarz die vollen Lippen,
Giftewild loht das Blut,
Rot erwacht totes Lachen.

Blätter, Steine, Moos erwarmen,
In den schweren Männerarmen liegen glutend still die Frauen,
Unter Küssen biegen sich die nackten Leiber,
Leib muß sich an Leib zerpressen,
Herzen müssen sich zerdrücken.
Lautlos sterben Männer, Frauen im Entzücken.

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