Hugo von Hofmannsthal

Hugo von Hofmannsthal

01.02.1874 - 15.07.1929

Österreichischer Schriftsteller

Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal (genannt Hugo von Hofmannsthal; * 1. Februar 1874 in Wien; † 15. Juli 1929 in Rodaun bei Wien) war ein österreichischer Schriftsteller, Dramatiker, Lyriker, Librettist sowie Mitbegründer der Salzburger Festspiele. Er gilt als einer der wichtigsten Repräsentanten des deutschsprachigen Fin de siècle und der Wiener Moderne.

Herkunft

Hugo von Hofmannsthal hatte böhmische, jüdische und lombardische Vorfahren. Sein jüdisch-orthodoxer Urgroßvater Isaak Löw Hofmann (1759–1849) wurde als erfolgreicher Industrieller 1835 von Ferdinand I. geadelt. Er hatte die Seidenindustrie in Österreich eingeführt und für seine große Familie ein ansehnliches Vermögen geschaffen. Sein Sohn und Erbe Augustin Emil von Hofmannsthal (1815–1881) konvertierte zum katholischen Glauben und heiratete 1850 die bürgerliche Italienerin Petronilla Ordioni (1815–1898).
Hugo August Peter Hofmann, Edler von Hofmannsthal (1841–1915), der Vater des Schriftstellers, wurde unehelich geboren und erst bei der Heirat seiner Eltern legitimiert. Er studierte Jura an der Universität Wien, an der er am 27. November 1865 zum Dr. iuris promoviert wurde, stieg zum Direktor einer Wiener Bank auf und heiratete Anna Maria Josefa Fohleutner (1852–1904), Tochter eines Notars. Beim Gründerkrach von 1873, noch während der Flitterwochen, in denen Hugo junior gezeugt wurde, verloren sie das ganze Familienvermögen. Die Familie war somit auf die Einkünfte des Vaters angewiesen.
Hugo von Hofmannsthal musste deshalb sein Geld selbst verdienen und lebte mit einer ständigen Angst vor Verarmung – während in der Öffentlichkeit meist angenommen wurde, er lebe vom Vermögen seiner Familie. Während er selbst sich stets als katholischer Aristokrat sah und sich auch zu judenfeindlichen Bemerkungen hinreißen ließ, wurde er von Freund wie Feind häufig als „jüdischer“ Intellektueller apostrophiert (Literatur: Weinzierl 2005).

Jugend

Hofmannsthals Familie legte Wert auf Bildung. Hugo, ein Einzelkind, wurde zuerst von Privatlehrern erzogen und besuchte ab 1884 das Akademische Gymnasium in Wien, eine Eliteschule der Donaumonarchie. Er lernte unter anderem Italienisch, Französisch, Englisch, Latein und Griechisch. Er las viel, war in Umgang und Intellekt frühreif und ein ausgezeichneter Schüler.
Früh begann Hugo erste, von Friedrich Nietzsche beeinflusste Gedichte zu schreiben. Da er als Schüler nicht veröffentlichen durfte, wurden sie unter den Pseudonymen Loris, Loris Melikow und Theophil Morren in der Zeitung Die Presse gedruckt. Binnen kurzer Zeit zählte man ihn zum literarischen Jung-Wien, einer Gruppe von so unterschiedlichen Schriftstellern wie Hermann Bahr, Arthur Schnitzler, Felix Salten; auch den alten Henrik Ibsen und Gerhart Hauptmann lernte er kennen. 1891 begegnete er zum ersten Mal Stefan George, der prägend für sein Werk wurde. Sein früher Ruhm als Lyriker und Dramatiker reichte schnell auch über seine Heimatstadt hinaus; an ihm wurden lange Zeit seine späteren Werke gemessen.

Studium (1892–1900)

1892 schloss Hofmannsthal die Matura „mit Auszeichnung“ ab. Auf Druck des Vaters begann er ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Nach der ersten juristischen Staatsprüfung unterbrach er sein Studium, um freiwillig ein Jahr Militärdienst beim Sechsten Dragoner-Regiment in Brünn und Göding (Mähren) abzuleisten. Nach einer Venedig-Reise kehrte er an die Universität zurück, brach das Jura-Studium ab und studierte Französische Philologie. Während des Studiums lernte er den Dichter Leopold von Andrian kennen, mit dem er sein Leben lang gut befreundet blieb.
Im Jahr 1898 erhielt Hofmannsthal den akademischen Grad Doktor mit der Dissertation Über den Sprachgebrauch bei den Dichtern der Pléjade. In den kommenden zwei Jahren reiste er, schrieb an einer Habilitationsschrift und schloss einige der wichtigsten Freundschaften seines weiteren Lebens. Im Herbst reiste er nach Venedig, im Frühjahr 1899 nach Paris, wo er Maurice Maeterlinck und Auguste Rodin kennenlernte. Im selben Jahr schloss er Freundschaften mit Rainer Maria Rilke und Rudolf Kassner, mit denen ihn zeitlebens ein enger Briefwechsel verband. Im Jahr 1900 lernte er den Komponisten Richard Strauss kennen, zu dieser Zeit Kapellmeister an der Berliner Hofoper – eine der künstlerisch fruchtbarsten Freundschaften Hofmannsthals.

Familiengründung (1901–1913)

1901 reichte Hofmannsthal an der Wiener Universität die Habilitationsschrift Studie über die Entwickelung des Dichters Victor Hugo ein, um die Lehrberechtigung zu erlangen. Kurze Zeit später entschied er sich jedoch gegen den bürgerlichen Beruf des Professors und beschloss, freier Schriftsteller zu werden. Am 1. Juni desselben Jahres heiratete er die 21-jährige Gertrud Schlesinger („Gerty“), die jüngere Schwester seines Freundes Hans Schlesinger und, wie er, das Kind eines Wiener Bankiers. Die Jüdin Gerty konvertierte vor der Heirat zum christlichen Glauben. Sie zogen nach Rodaun, einem Vorort von Wien, in ein Barockschlösschen (heute Hofmannsthal-Schlössl genannt). In den kommenden Jahren gebar Gerty drei Kinder, Christiane (1902–1987), Franz (1903–1929) und Raimund (1906–1974).
Hofmannsthals Ansichten von der Ehe waren aus heutiger Sicht konservativ; für ihn war der „heilige Ehestand“ der Kern und das Symbol der gesellschaftlichen Ordnung. Als „Dichtergattin“ hatte Gerty ihren Ehemann von den Trivialitäten des Alltags freizuhalten und ließ sich gelegentlich Briefe diktieren. „Die Ehe ist ein erhabenes Institut und steht in unseren armseligen Existenzen wie eine Burg aus einem einzigen Felsen“, äußerte sich Hofmannsthal gegenüber Carl Jacob Burckhardt (Lit.: zit. n. Weinzierl 2005, S. 213). Er pflegte in seiner Korrespondenz einige innige „Seelenfreundschaften“ mit Schriftstellerinnen, darunter die Adelige Helene von Nostitz, die Tänzerin Grete Wiesenthal und die junge Witwe Ottonie von Degenfeld-Schonburg (1882–1970). Weder die Brieffreundschaften mit Frauen noch seine Ehe erfüllten ihn jedoch wirklich:
„Freundschaft zwischen Männern kann nicht den Inhalt des Lebens bilden, aber sie ist, glaube ich, das reinste und stärkste, was das Leben enthält; für mich ist sie, neben meinem mir eingeborenen Beruf wohl das einzige, was ich mir aus dem Dasein nicht wegdenken könnte, und ich glaube, ich hätte sie gesucht, in welchem Stande ich immer geboren wäre.“
In den Jahren um 1900 ging Hofmannsthal durch eine tiefe innere Krise, die sich aus seinem Zweifel am Ausdrucksvermögen der Sprache nährte. In dieser Zeit war ihm die Familie sicherlich ein emotionaler Halt. Die Geburt der Kinder und neue Freundschaften, etwa zu dem Theatermacher Max Reinhardt und den Schriftstellern Rudolf Borchardt und Rudolf Alexander Schröder, verhalfen ihm zu neuem Selbstvertrauen. Mit Reinhardt und Richard Strauss brachte er in den folgenden Jahren seine großen dramatischen Werke auf die Bühne. Ende 1903, Anfang 1904 nahmen Karl Gustav Vollmoeller und Hofmannsthal persönlichen Kontakt auf. Zunächst durch Arthur Schnitzler, dann durch Max Reinhardt und besonders durch Alfred Walter Heymel gefördert, bauten sie eine verquere Freundschaft auf. Während Vollmoeller Hofmannsthal und sein Werk verehrte, ihn als ebenbürtigen Freund und Kollegen sah, verfolgte Hofmannsthal Vollmoellers Werk und Wirken mit Misstrauen und Eifersucht. Besonders die jahrzehntelange enge Zusammenarbeit Vollmoellers mit Max Reinhardt war Hofmannsthal zeit seines Lebens ein Dorn im Auge. Dennoch oder gerade deshalb weist das Werk beider so ungleicher Schriftsteller und Dramatiker in den Jahren 1903 bis 1914 eine Fülle an Parallelen und gegenseitiger Befruchtung auf.
1907 übernahm Hofmannsthal die Redaktion des Lyrik-Teils bei der Wochenzeitschrift Morgen. In diesem Jahr archivierte die Österreichische Akademie der Wissenschaften in Wien seine Stimme bei der Rezitation des Gedichtes Manche freilich. Diese Tonaufzeichnung war lange Zeit als die älteste erhaltene Aufnahme einer deutschsprachigen Dichterstimme bekannt.
1908 reiste Hofmannsthal mit Harry Graf Kessler und Aristide Maillol nach Griechenland. Neben seinen Reisen pflegte er Briefkontakt zu zahlreichen Intellektuellen und Künstlern, darunter Carl Jacob Burckhardt, Thomas Mann, Arthur Schnitzler, Richard Beer-Hofmann und Alfred Walter Heymel. Zu den von ihm protegierten Intellektuellen gehörten auch der Philosoph Rudolf Pannwitz sowie dubiose Gestalten vom rechten Rand des politischen Spektrums, wie etwa der spätere NS-Germanist Josef Nadler und der Schriftsteller Max Mell.

Erster Weltkrieg und Nachkriegsjahre (1914–1929)

Am 28. Juli 1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Hofmannsthal war zu Kriegsbeginn 40 Jahre alt, verheiratet und von angeschlagener Gesundheit. Nach seiner Einberufung war er zunächst als Landsturmoffizier in Istrien tätig. Doch noch bevor ihn Hermann Bahrs martialischer „Gruß ins Feld“, abgedruckt am 26. August 1914 im Neuen Wiener Journal, erreichen konnte, hatte der verzweifelte Hofmannsthal bereits eine Stelle im Kriegsfürsorgeamt des Innenministeriums ergattert. Karl Kraus karikierte den offenen Brief zwei Jahre später in der Fackel in seinem Gruss an Bahr und Hofmannsthal. Dem Einsatz an der Front entkommen, schrieb Hofmannsthal kriegspropagandistische Texte, die er vorwiegend in der Neuen Freien Presse, zu dieser Zeit die größte liberal-bürgerliche Zeitung Wiens, drucken ließ.
1915 gab er Grillparzers politisches Testament heraus, das erste von letztlich nur 26 Bändchen der Österreichischen Bibliothek. Diese war von ihm zusammen mit dem Verleger Kippenberg als Seitenstück zu der seit 1912 im deutschsprachigen Raum erfolgreich verlegten Insel-Bücherei – in der Hofmannsthal mit den Titeln Der Tor und der Tod und Der Tod des Tizian. Idylle sowie Das kleine Welttheater oder Die Glücklichen vertreten war – konzipiert worden, um mit dieser Taschenbuchreihe des Insel Verlags langfristig und in großem Umgang einen repräsentativen Querschnitt durch Österreichs Geschichte und Geistesleben zu bieten. Der erhoffte Erfolg auf dem Buchmarkt blieb der Reihe jedoch versagt, so dass sie schon 1917 wieder eingestellt werden musste.
Während des Krieges reiste Hofmannsthal wiederholt zu Vorträgen ins Ausland und hob Österreich-Ungarn als herausragende Kulturnation hervor. Im Kriegsfürsorgeamt betraute man ihn mit kulturpolitischen Aufgaben; er schrieb patriotische Aufsätze und hielt Reden. Während der folgenden zwei Jahre des sich ausweitenden Krieges unternahm er mehrfach Dienstreisen nach Krakau, Brüssel und Berlin.
Der Weltkrieg endete 1918 mit dem Fall der Donaumonarchie. Für den konservativen Patrioten Hofmannsthal war dies ein persönlicher Schlag, von dem er sich nie ganz erholte. Dennoch waren die Jahre nach dem Krieg schriftstellerisch sehr produktiv und setzten fast bruchlos die früheren Arbeiten fort. Aus finanziellen Gründen musste Hofmannsthal nun aber auch Arbeiten als Herausgeber annehmen.
1919 wurde Hofmannsthal erstmals für den Nobelpreis für Literatur vorgeschlagen. Weitere drei Nominierungen folgten, doch der Preis wurde Hofmannsthal nie verliehen. Jede Nominierung wurde hauptsächlich durch das Votum des schwedischen Schriftstellers Per Hallström zu Fall gebracht, der gegen den Österreicher die „Lüsternheit“ von Stücken wie dem Rosenkavalier vorbrachte, aber auch mit antisemitischen Argumenten Erfolg hatte.
In den Jahren 1920–1927 unternahm Hofmannsthal zahlreiche Reisen, unter anderem nach Berlin, Warschau, Skandinavien, mehrmals nach Italien, in die Schweiz. Im Jahr 1925 reiste er nach Paris, Marokko, London und Oxford, im darauffolgenden Februar nach Sizilien. Italien interessierte ihn besonders, sympathisierte er doch wie viele österreichische Großbürger mit dem Faschismus, der seit 1922 unter Mussolini herrschte. 1925 schrieb er gemeinsam mit Louis Nerz und dem Filmregisseur Robert Wiene das Drehbuch zur ersten Verfilmung von Der Rosenkavalier (1926).

Tod

Am 13. Juli 1929 erschoss sich Hofmannsthals Sohn Franz im Alter von 26 Jahren. Der künstlerisch unbegabte Sohn hatte im Leben nicht Fuß fassen können und war nach erfolglosen Anstellungen wieder zu seinen Eltern zurückgekehrt. Zwei Tage nach dem Suizid seines Sohnes starb Hofmannsthal an einem Schlaganfall, als er zur Beerdigung seines Sohnes aufbrechen wollte.
Hofmannsthal wurde auf dem Kalksburger Friedhof (Gruppe 1, Nummer 49) in einem ehrenhalber gewidmeten Grab beigesetzt. Da er sich dem Dritten Orden der Franziskaner verbunden fühlte (eine Mitgliedschaft ist nicht eindeutig bezeugt), wurde er, der Tradition und seinem eigenen Wunsch entsprechend, im Habit eines Franziskaners beerdigt. Bei seinem Begräbnis waren viele Künstler und Politiker sowie Tausende von Wiener Bürgern anwesend. Hofmannsthal hatte sich alle Reden an seinem Grab letztwillig verbeten.
Das Grabdenkmal ziert eine Inschrift mit den Schlusszeilen aus seinem Gedicht Manche freilich: „Und mein Teil ist mehr als dieses Lebens schlanke Flamme oder schmale Leier.“

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