Eduard Mörike

Eduard Mörike

08.09.1804 - 04.06.1875

Deutscher Lyriker

Eduard Friedrich Mörike (* 8. September 1804 in Ludwigsburg, Herzogtum Württemberg; † 4. Juni 1875 in Stuttgart, Königreich Württemberg) war ein deutscher Lyriker der Schwäbischen Schule, Erzähler und Übersetzer. Er war auch evangelischer Pfarrer, haderte aber bis zu seiner frühen Pensionierung stets mit diesem „Brotberuf“.

Leben

Mörike wurde als siebtes Kind des Medizinalrates Karl Friedrich Mörike und der Pfarrerstochter Charlotte Dorothea geb. Bayer geboren. Er hatte insgesamt zwölf Geschwister. Ab 1811 besuchte er die Lateinschule in Ludwigsburg.

Ausbildung in Urach und Tübingen

ach dem Tod des Vaters 1817 kam er zu seinem Onkel Eberhard Friedrich Georgii nach Stuttgart, dem für seinen Neffen die geistliche Laufbahn vorschwebte. Entsprechend besuchte Mörike nach einem Jahr im Stuttgarter Gymnasium illustre ab 1818 das evangelische Seminar Urach, ein humanistisches Gymnasium im ehemaligen Uracher Chorherrenstift, und von 1822 bis 1826 das Tübinger Stift. Zwar waren seine schulischen Leistungen nur mäßig, und das Uracher Seminar nahm ihn trotz nicht bestandenen „Landexamens“ auf, aber die dortige Beschäftigung mit antiken Klassikern wurde prägend für den späteren Schriftsteller.

Lebenslange Freundschaften Mörikes

Viele lebenslange Freundschaften Mörikes gehen zudem auf seine Seminarzeit zurück, was ihm diese Zeit im Rückblick verklärt hat: so im Gedicht von 1827 über einen zwei Jahre zurückliegenden Besuch in Urach. In Tübingen gehörten zu seinen Studienfreunden einerseits Wilhelm Waiblinger, der ihm auch Kontakt zum alten Friedrich Hölderlin verschaffte, andererseits Ludwig Bauer, mit dem zusammen er das Fantasieland Orplid ersann; das Gedicht Gesang Weylas (Du bist Orplid) ist 1831 wiederum im Rückblick entstanden. Der Dreierbund der Freunde war spannungsreich: Bauer, den Mörike einst vor einem Angriff des betrunkenen Waiblinger in Schutz genommen hatte, warnte Mörike vor dessen dämonischem Einfluss. Aber im Rückblick bezeichnete Mörike bei seiner Investitur als Pfarrer den inzwischen verstorbenen Waiblinger als „einen von Jesu Evangelium innigst durchdrungenen Diener“.

Zyklus der Peregrina-Gedichte

In den Osterferien 1823 begegnete Mörike in einem Ludwigsburger Gasthaus Maria Meyer (1802–1865), die dort (nicht zuletzt wegen ihrer geheimnisvollen Schönheit) als Bedienung angestellt war. Spätere biographische Berichte über die aus Schaffhausen stammende Frau im Gefolge der Sektenstifterin Juliane von Krüdener enthalten offenbar viel Ausschmückung. Mörike verliebte sich stürmisch in die Geheimnisvolle, zum Entsetzen seiner älteren Schwester Luise, die die Gefahr beschwor, die „seinem edelsten Selbst in der engen Verbindung mit dem Unreinen droht“. Mörike führte den Kontakt zu Maria bis auf einen zum Jahresende abgebrochenen (und vernichteten) Briefwechsel nicht weiter und entzog sich einem von ihr angestrebten Wiedersehen im Juli 1824. Aus diesem einschneidenden Erlebnis entstand der Zyklus der Peregrina-Gedichte, von dem aus den Jahren 1824 bis 1867 zehn unterschiedliche Fassungen vorliegen.

Stationen als Vikar

Nach einem mittelmäßigen Examen und einer kirchlichen Prüfung vor dem württembergischen Konsistorium, das ihm „ziemlich mangelhaftes, dennoch keineswegs zu verachtendes Wissen“ bescheinigte, durchlebte (und durchlitt) Mörike eine achtjährige „Vikariatsknechtschaft“ als Vikar und später Pfarrverweser: 1826 Oberboihingen; 1827 Möhringen, Köngen; 1829 Pflummern, Plattenhardt (dort als Pfarrverweser an der Antholianuskirche und Verlobung mit Luise Rau, der Tochter des verstorbenen Pfarrers, 1833 gelöst), Owen; 1831 Eltingen; 1832 Ochsenwang (im dortigen Mörikehaus werden Briefe, Zeichnungen und Pfarrberichte gezeigt); 1833 Weilheim an der Teck, erneut Owen, Ötlingen.

Sein Dienst war von Dezember 1827 bis Februar 1829 durch Urlaub unterbrochen, den er aus gesundheitlichen Gründen beantragt hatte, vielleicht ausgelöst durch den Tod seiner Schwester Luise. Dahinter steckten allerdings seine generellen Zweifel an einer kirchlichen Laufbahn:

„Du ahnest ohne Zweifel bereits den Grund jener unschmackhaften Stimmung. Das geistliche Leben ists. Ich bin nun überzeugt, es taugt nicht für mich… der Doktor [hat mir] einen Urlaub auf einige Zeit vom Consistorium ausgewirkt… Meine Gesundheit kann diß sehr wohl brauchen, aber hauptsächlich will ich die Zeit dazu benutzen mir durch irgend eine Arbeit das Zutrauen des Cotta zu erwerben um indessen durch Geschäft bei ihm einen Ausweg und von da vielleicht e. Anstellung bey einer Bibliothek zu finden.“
– Brief an Ludwig Bauer vom 9. Dezember 1827

Mörike hätte sich also lieber der Schriftstellerei gewidmet, wagte es aber, anders als seinerzeit Hölderlin, nicht, sich als freier Schriftsteller durchzuschlagen: Einen Vertrag mit dem Verleger Friedrich Gottlob Franckh, der ihn 1828 zu regelmäßigen „erzählenden und anderen ästhetischen Aufsätze[n]“ in dessen „Damen-Zeitung“ verpflichtete gegen ein jährliches Honorar von 600 Gulden, löste Mörike nach wenigen Monaten wieder.

Pfarramt in Cleversulzbach

1834 wurde Mörike schließlich Pfarrer in Cleversulzbach, wo seine Mutter und seine jüngste Schwester Klara mit ihm im Pfarrhaus wohnten. Seine Predigten, die auf das Verständnis seiner Gemeinde zugeschnitten waren, ließen nicht erkennen, wie sehr Mörike mit der zeitgenössischen Theologie haderte. Nur in der Privatheit eines Briefes vom Dezember 1837 diagnostizierte Mörike gegenüber Friedrich Theodor Vischer einen nun „landkundig werdenden theologischen Bankerott“, womit er auf den Streit um David Friedrich Strauß’ Buch Leben Jesu anspielte, dessen historische Kritik an den Evangelienberichten von konservativen Kreisen (z. B. am Tübinger Stift) verurteilt wurde. Mörike nahm Strauß’ Buch unaufgeregt zur Kenntnis, weil für ihn Glaube nicht aus dem Fürwahrhalten der Evangelienberichte bestand, sondern aus den Empfindungen, die dem Poeten Mörike eingegeben wurden, wenn er sein Leben deutete.

Die christlichen Lehren

Dabei konnte er christliche Lehren in einer rational anmutenden Weise erklären, die freilich nicht zu unserem heutigen rationalen Erkenntnisstand passt. Ein Beispiel sind seine Aussagen über die „jenseitige Fortdauer“, wenn er Angehörige Verstorbener tröstete: „Für mich ist dieses eine ausgemachte natürliche Sache“, dass die Abgeschiedenen „auf dem Schauplatz einer neuen Natur“ leben, also eine Sache ohne göttliches Zutun, keine Glaubenssache, aber auch kein bloßes Räsonnement. Ähnlich rationale Erklärungen gab Mörike zu spukhaften Geräuscherscheinungen im Pfarrhaus, die er in einem Tagebuch aufzeichnete, das Justinus Kerner später veröffentlichte.

Als Mörikes Mutter 1841 starb, beerdigte er sie auf dem Cleversulzbacher Friedhof neben der Mutter Friedrich Schillers, deren fast vergessenes Grab er schon zu Beginn seines Pfarramtes dort entdeckt und mit einem schlichten Kreuz gekennzeichnet hatte (Gedicht Auf das Grab von Schillers Mutter, 1835).

Nachdem Mörike sich aus gesundheitlichen Gründen beim Pfarrdienst mehrfach durch einen Vikar hatte unterstützen lassen, beantragte er 1843 die Versetzung in den Ruhestand, wozu ihm gnadenhalber eine Pension von jährlich 280 Gulden gewährt wurde (sein Pfarrergehalt hatte anfangs 600 Gulden betragen). Eine literarische Verarbeitung seiner Zeit in Cleversulzbach schuf Mörike mit seinem Gedicht Der alte Turmhahn.

Zeitweiliger Ruhestand

Mörike ließ sich 1844, im Alter von 39 Jahren pensioniert, nach einem kurzen Aufenthalt in Schwäbisch Hall in Bad Mergentheim nieder. Seine Pension und gelegentliche Honorare reichten nicht zur Tilgung der Schulden, in die er durch Bürgschaften für seine Brüder geraten war, so zum Beispiel für den Scheerer Amtmann Karl Mörike, der wegen aufrührerischer Umtriebe ein Jahr Festungshaft in Hohenasperg verbüßt hatte (in dem Verfahren musste Eduard als Zeuge aussagen).

Wanderungen über die Schwäbische Alb

Ablenkung verschafften ihm zum Beispiel Wanderungen, bei denen er nach Versteinerungen suchte. So kam es, dass er wie ein Paläontologe über die Schwäbische Alb zog und alle Versteinerungen einsammelte. Zu Hause verglich er sie mit anderen Funden oder las Fachliteratur. Diese Beschäftigung beschrieb er in dem Gedicht Der Petrefaktensammler (1847 veröffentlicht). Überhaupt war Mörike ein begeisterter Sammler alltäglicher Gegenstände. Bei seinen häufigen Umzügen war das Sammelgut einerseits lästig, andererseits waren es gute und schöne Geschenke für Freunde und Verwandte.

Die späte Vermählung

Aus finanziellen Gründen dachte er zunächst nicht an eine Eheschließung. Erst 1851 heiratete er in der Mergentheimer Schlosskirche Margarethe von Speeth, die katholische Tochter seines Vermieters und eine Freundin seiner Schwester Klara, die weiterhin bei ihm wohnte. Der Konfessionsunterschied war allerdings der Grund dafür, dass Mörikes ältester Freund Wilhelm Hartlaub (Pfarrer im nahen Wermutshausen) sich von ihm distanzierte. Auch das Verhältnis zwischen Klara und Margarethe sollte sich später trüben. Das Ehepaar zog 1851 nach Stuttgart. Sie hatten zwei Töchter, Fanny (* 1855) und Marie (* 1857).

Lehrer für Literatur in Stuttgart

In Stuttgart unterrichtete Mörike ab 1856 zehn Jahre lang Literatur am Königin-Katharina-Stift. Neben seiner Ernennung zum Professor am Katharinenstift wurden Mörike in dieser Zeit weitere Ehrungen zuteil: 1852 der Ehrendoktortitel der Universität Tübingen, 1862 der Bayerische Maximiliansorden und 1864 das Ritterkreuz des württembergischen Friedrichs-Ordens. Er hatte Kontakt zu anderen Schriftstellern, so besuchten ihn Theodor Storm (der sich über Mörikes Gewohnheit des Tischgebets wunderte), Friedrich Hebbel und Iwan Turgenew. Eine tiefere Freundschaft verband ihn ab 1864 mit dem Maler Moritz von Schwind. 1866 wurde er pensioniert.

Die letzten Jahre

In der Zeit von 1867 bis 1873 wechselte der Dichter mehrmals Orte und Wohnungen. 1867 zog er nach Lorch, 1869 wieder nach Stuttgart, 1870 nach Nürtingen, 1871 nochmals nach Stuttgart. Spannungen zwischen Klara und Margarethe übertrugen sich auch auf das Ehepaar. Anlässlich der Verlobung der 18-jährigen Fanny kam es 1873 zum Streit, nach dem Margarethe vorübergehend auszog. Mörike entschied sich zur Trennung und zog mit Klara und der Tochter Marie für kurze Zeit nach Fellbach, bevor er nach Stuttgart zurückkehrte. In dieser Zeit betrug sein jährliches Einkommen immerhin 1955 Gulden.

1875 wurde Mörike bettlägerig. Kurz vor seinem Tod söhnte er sich am Krankenbett mit seiner Frau aus. Mörike wurde auf dem Stuttgarter Pragfriedhof beerdigt, zwei Jahre nach dessen Eröffnung; Vischer hielt die Grabrede.

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