Minnedienst

Während dort im hellen Saale
Lustberauscht die Gäste wogen,
Hält ein Ritter vom Gedränge
Einsam sich zurückgezogen.

Wie er von dem Sofa aufblickt,
Wo er ruhet in Gedanken,
Sieht er neben sich die Dame,
Der er dienet sonder Wanken.

»Sind es Sterne, sind es Sonnen,
Die in meiner Nacht sich zeigen?
Sind's die Augen meiner Herrin,
Welche über mich sich neigen?«

»Schmeichler, Schmeichler! Sterne, Sonnen
Sind es nicht, wovon Ihr dichtet;
Sind die Augen einer Dame,
Die auf Euch sie bittend richtet.« –

»Herz und Klinge sind Euch eigen,
Schickt mich aus auf Abenteuer,
Heißt im Kampfe mich bestehen
Riesen, Drachen, Ungeheuer.« –

»Nein, um mich, mein werter Ritter,
Soll kein Blut den Boden färben;
Um ein Glas Gefrornes bitt ich,
Lasset nicht vor Durst mich sterben.« –

»Herrin, in dem Dienst der Minne
Wollt ich gern mein Leben wagen,
Aber hier durch das Gedränge
Wird es schwer sich durchzuschlagen.«

Und sie bittet, und er gehet, –
Kommt zurück, wie er gegangen:
»Nein! ich konnte, hohe Herrin,
Kein Gefrorenes erlangen.«

Und sie bittet wieder, wieder
Wagt er's, immer noch vergebens:
»Nein! man dringt durch jene Türe
Mit Gefahr nur seines Lebens.«

»Ritter, Ritter, von Gefahren
Sprachet Ihr, von Kämpfen, Schlachten;
Und Ihr laßt vor Euren Augen
Ohne Hülfe mich verschmachten.«

Und ins wogende Gewühle
Ist der Ritter vorgedrungen,
Dort verfolgt er einen Diener,
Hat den Raub ihm abgerungen.

Und die Dame schaut von ferne,
Wie mit hochgehaltner Schale
Er sich durch den Reigen windet
In dem engen, vollen Saale;

Sieht in eines Fensters Ecke
Glücklich seinen Fang ihn bergen,
Sieht ihn hinter die Gardine
Ihren Augen sich verbergen;

Sieht ihn selber dort gemächlich
Das Eroberte verschlingen,
Wischen sich den Mund und kommen,
Ihr betrübte Kunde bringen:

»Gern will ich mein Leben wagen,
Schickt mich aus auf Abenteuer,
Heißt im Kampfe mich bestehen
Riesen, Drachen, Ungeheuer.

Aber hier, o meine Herrin,
Hier ist alles doch vergebens,
Und man dringt durch jene Türe
Mit Gefahr nur seines Lebens.«

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