Frühling in Griechenland

Nun zieht in die Fluten der Schiffer den Kiel;
Heim kehren die zwitschernden Schwalben vom Nil
Zu ihren geliebten Cykladen,
Und jauchzend, erwacht aus dem Wintertraum,
Durchflattert die Möwe den spritzenden Schaum
An allen den Inselgestaden.

Am duft'gen Hymettus von neuem umsummt
Der Chor der Bienen, der lange verstummt,
Des Ginsters goldene Blüten;
Und es wacht in der milderen Nacht des April
Am Bach im Gestäude von Asphodill
Der Hirt, um die Herde zu hüten.

O Hellas! Ruhn, der Jahrtausende Raub,
Auch deine Tempel in Trümmer und Staub
Der Völkerstürme gebettet,
Dich hat aus dem leuchtenden Morgen der Welt
Dein Genius, ein unsterblicher Held,
Zu uns herübergerettet.

Noch singt den ewigen Siegespäan
An Salamis' Ufern der Ocean
Mit der Wogen melodischen Lippen,
Und, brausend um des Themistokles Grab,
Erweckt er das Echo von Kap zu Kap
Weithin an den Inseln und Klippen.

Hoch über Asiens Berge heran
Führt Helios der strahlenden Rosse Gespann
Und grüßt sein liebstes der Länder;
Auf Hügeln wird es, auf Fluren wach;
Im Myrtengebüsch, am stürzenden Bach,
Was schimmern so weiß die Gewänder?

Die Jungfraun sind es, die heiligen neun,
Die auf Erden die Saat des Schönen verstreun,
Die Trägerinnen der Leier;
Neu lassen die Thäler sie blühen, die Höhn,
Und singen zu bebender Saiten Getön
Der hohen Unsterblichen Feier.

Nicht ist gestorben der alte Pan;
Entschlafen auf grünendem Wiesenplan
Nur war er, von Ulmen beschattet,
Und bei der Syrinx ersterbendem Ton
Auch senkten das Haupt, bekränzt mit Mohn,
Die anderen Götter ermattet.

Nachtdüstre Dämonen umklammerten kalt,
Wie der Alp in die Brust des Schläfers sich krallt,
Der Menschen geängstete Seelen,
Und sie träumten, anstatt vom lichten Parnaß,
Von blutenden Heiligen, leichenblaß,
Von Kreuzen und Marterpfählen.

Doch als die Nacht und der Winter entfloh,
Aufschlugen den Blick sie und lächelten froh
In des Himmels selige Bläue,
Und mit den Fluren, den Strömen, dem Hain
Erwachten im goldenen Frühlingsschein
Die hohen Olympier aufs neue.

Und versinken im rastlos flutenden Schwall
Der Zeit auch die anderen Götter all,
Die Kirchen und die Moscheen,
Sie haben sich, ihr seit der Kindheit vertraut,
Im Herzen der Menschheit den Tempel gebaut
Und können mit ihr nur vergehen!

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