Lugano

O die Stunden sind unvergessen,
Als wir, ferne der sterblichen Welt,
Weilten im traulichen Alpenthale,
Wo in des Lichtes südlichem Strahle
Froh sich sonnen die ersten Cypressen,
Denen sich schüchtern die Myrte gesellt.

Dort auf des Sees tiefpurpurne Wellen
Schauten wir trunken hinab vom Altan,
Wie die Villen von rebenbekränzten
Felsvorsprüngen herniederglänzten
Und helleuchtend hervor die Kapellen
Aus den Kastanienwäldern sahn.

Oder vorbei an umrankten Ruinen
Stiegen wir, rings von Bächen umrauscht,
Bis wir zur Alpenfirne geklommen,
Keinen Ton mehr des Lebens vernommen
Und mit dem Donner der wilden Lawinen,
Statt mit den Menschen, Worte getauscht.

Abends am Hang, wo mit silbernen Locken
Die Kaskade vom Felsen springt,
Ruhten wir unter den Duftgestäuden,
Während ewig wechselnde Freuden,
Bunt, wie umher die stäubenden Flocken,
Uns umgaukelten, leicht beschwingt.

Uebertäubt von dem brausenden Strome,
Starb auf den Lippen uns jeder Laut.
Arm in Arme und Mund am Munde
Hingen wir, während zum ewigen Bunde
Unter dem heiligen Sternendome
Uns die heilige Nacht getraut.

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