Am achtzehnten Sonntage nach Pfingsten

Sechs Tage sollst du tun
Dein Werk mit aller Treue;
Und sollst am siebten ruhn,
Er trägt des Herren Weihe.
So ward es uns gesetzet
Und also folgen wir,
Recht wie den Schnabel wetzet
Das lüstern stumpfe Tier.

Der feiert bei dem Spiel,
Und jener bei der Flasche,
Sinnt jeder lang und viel,
Wie er sich Lust erhasche.
Was nicht den Herrn mag loben,
Und was den Sinn betört,
Wem wird es aufgehoben?
Dem heil'gen Sonntag wert.

Ja, wenn man häufen mag
Der ganzen Woche Sünden
Gen was an diesem Tag
Muß seine Ernte finden,
So wird, o Schmach! es zollen
Wie gen gehäuftes Maß,
Von dem die Körner rollen,
Zwei Ähren, so man las.

Stehn denn die Kirchen leer,
Flieht seinen Herrn der Sünder?
O wenn dem also wär'!
Der Frevel drückte minder,
Doch aus dem Weihrauchwallen,
Das unsern Gott umfließt,
Zu des Verderbens Hallen
Man wie ein Geier schießt.

In alten Bundes Pflicht,
Als keimend noch die Gnade
Und dämmernd nur das Licht
Fiel auf der Menschen Pfade:
Da trug der Sünde Flecken
Noch nicht der Sabbat, doch
Mußt' er den Gläub'gen schrecken,
Ach, wie ein eisern Joch.

Wohl mag es töricht sein,
Dem höchsten Gott zu Ehren
Zu liegen wie ein Stein,
Und jeder Regung wehren;
Doch eitlen Lüsten fügen
Der Sinne kirren Bund –
O besser zehnfach liegen
Wie eine Scholl' am Grund.

So hat der Heiland nicht
Den alten Bund gehoben:
Durch Taten wie das Licht
Sollst du den Höchsten loben!
Sei mit der milden Spende
Der Arme dir gegrüßt:
Nicht unrein sind die Hände,
Aus denen Segen fließt.

Und wer gering und klein
Im Schmerzenslager rücket,
Wo schlimmer als die Pein
Verlassenheit ihn drücket,
Verbinde dessen Wunden
Und lächle ihm dazu;
Dann hast du sie gefunden
Die echte Sabbatsruh!

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