An Frau Milderhauptmann

Hast du das Leben als Theaterproben
Vielleicht erkannt; dann freilich scheint dir matt
Der bretterne Triumph, zu gut zum Loben
Bist du dann wohl des Erdenbeifalls satt;
Nicht hilft dir's, wird der Vorhang dort gehoben,
Daß man dich hier herausgerufen hat;
Hier gilt heraus, dort gilt herein gerufen,
Diesseit'ge Gipfel sind jenseit'ge Stufen.

Drum zürne nicht, mein Lob geht dich nichts an,
Es mag dir wohl gefallen oder schlecht,
Nicht was du selbst, was Gott an dir getan,
Das rührte mich so tief, das war mir recht.
Der Himmel weiß, ich bin nicht untertan
Dem trillernden agierenden Geschlecht,
Ich muß die meisten lauter Schuld beschuld'gen
Um deines Genius Zucht und Huld zu huld'gen.

Bisarrheit wär' Pizarro der Tyrann,
Der uns Beethoven, Herrn der tiefern Kunst,
Gefangen hielte gleich dem Florestan?
Nein Schlendrian und Neid um Brettergunst
Verdrängten ihn; doch alten Leierbann
Brach nicht vergebens seine heil'ge Brunst;
Dir Fesseln und der Menge Taubheit springen,
Sie hört ihn milder als Fidelio singen.

Wem so sein Lied aus milder Brust erklingt,
Wär's nur ein Trostquell, der aus Kerkerswand
Der Zeit durch milder Muse Zauber springt
Dess' Durst kredenzet milder Engel Hand,
Den Becher, daß er selig Töne trinkt,
Ich sage selig, weil er an dem Rand
Des Klangpokals mit Lust berührt die Stelle,
Wo milder Huldin Lippe zutrank Trostes Quelle.

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