Das Seelchen auf der Heide

Das Seelchen auf der Heide
Hat nicht genug zum Kleide
Und friert durch Mark und Bein;
Ich hab in heißer Sonnen
Mein Leben aufgesponnen
Zu einem Faden fein,
Den hab ich treu gewebet,
Mein Schifflein ist geschwebet
In stäter Not und Pein.
Mit Tränen ich's erweichte,
Mit Tränen ich es bleichte
In Mond und Sternenschein.
Todwund lag ich zum Sterben,
Der Seele Kleid zu färben
Mit roter Farbe Schein.
Ich trug es ohn Verweilen
Hin viele, viele Meilen,
Da war mein Tuch zu klein,
Das Seelchen zu bedecken,
Da zuckt an allen Ecken
Heraus das Flämmelein,
Und irret auf der Heide,
Mein Zeug reicht nicht zum Kleide
Dem Feuer-Lämmelein.
Da drüben die Gesellen,
Die schleudern tausend Ellen
Rot Zeug zur Nacht hinein;
Die Fackeln und Schalmeien,
Sie brennen, reißen, schreien
Mir tief durch Mark und Bein.
Weh, Weh tut das Verschwenden,
Mit Not mußt' ich vollenden
Mein Tuch – nun ist's zu klein.
Das Seelchen springet trunken
Von Tönen, Farben, Funken,
Zur roten Lust hinein.
Wenn Tön' und Farben starben,
Kömmt Nacht und bittres Darben,
Arm, bloß, allein; allein!

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