Sieh den dunklen Schleier

Sieh den dunklen Schleier der Nacht,
Wie er sich hernieder senket,
Da des Wagens schimmernde Pracht
Phöbus nun hinab gelenket.
Sehnsucht führet die Geliebten
Auf des Mondes Zauberpfad,
Wo sie gestern Scherze übten,
Zu des Seees Glanzgestad.

Sieh, den dunklen Schleier der Nacht,
Immer näher aus der Ferne,
Sticken nun mit lachender Pracht
Die geliebten Heldensterne!
Einer aber ist geschweifet,
Er ist heftig und ist mutig,
Und den Mond er peitschend greifet,
Und der blasse Mond wird blutig!

Sieh, des Monds zerschmettertes Schild
In ein rotes Feld sich kehrte,
Und des Wappens gläubiges Schild
Schmückt der Stern mit einem Schwerte.
Benavides, deinem Stamme
Ist der Glanz nun angefacht!
Aber sieh, des Schwertes Flamme
Weichet und es kehrt die Nacht!

Sieh, ein feuriger Regen fällt,
Und es schwebt, gleich einem Sarge
Über der zornumfluteten Welt
Jetzt die gottgebaute Arche!
Und es fliegt der dunkle Rabe,
Kehret hoffnungslos zurück,
Aber mit der Friedensgabe
Sieht die Taube Sonnenblick!

Und es spannt der Bogen des Herrn
Seine bunte Farbenbrücke,
Tränen schimmern so freudig gern
In des Auges Sonnenblicke.
Wie der Hals der Taube schimmert,
Locket eines Habichts Wut,
Ach, der Fried', wird der zertrümmert,
Taube, du wirst Opferblut!

Wohl uns! überm Habicht kreist
Nun ein Falke, doch zu leise,
Denn der Habicht stürzend zerreißt
Weh! die Taube sich zur Speise.
Falke, lieber Falke, stürze
Auf den Habicht, daß ihr Weh
Rächend wenigstens sich kürze,
Daß ich tot den Mörder seh!

Habicht wird zum blutigen Schild,
Unter ihm die arme Taube,
Aber der Falke steiget zum Wild
Über des Wappens geharnischte Haube,
Und der Falke wird zum Schwerte
Das sich flammend abwärts kehrt,
Daß der Traum erfüllet werde,
Nieder in dein Herzschild fährt!

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