Tingel-Tangel

Trauert nicht, ihr Völkerscharen,
Ob der schweren Zeit der Not.
Packt das Leben bei den Haaren,
Morgen ist schon mancher tot.

Küssen, um geküsst zu werden,
Lieben, um geliebt zu sein,
Giebt’s ein schöner Los auf Erden
Für ein artig Mägdelein?

Ja, die Liebe ist mein Credo,
Meines Lebens Inbegriff,
Und so werd’ ich zum Torpedo,
Ach, für manches Panzerschiff.

Ach, mir ist zu Mut, als stünde
Mir geschrieben im Gesicht:
Eine grauenvoll’re Sünde
Als die Tugend giebt es nicht!

Fürchte nichts, mein süsser Schlingel;
In der schweren Not der Zeit
Freut der Mensch sich nur im Tingel-
Tangel seiner Menschlichkeit.

Bei dem allgemeinen Mangel
Idealer Seelenglut
Trefft ihr nur im Tingel-Tangel,
Was das Herz erheben thut.

Saht ihr einen süss’ren Engel
Je zu eurem Zeitvertreib
Als ein hübsches Tangel-Tengel-
Tingel-Tongel-Tungel-Weib?

Tuben schmettern, Pauken dröhnen,
Schrille Pfeifen gellen drein,
Spenden dem Gesang der Schönen
Ihre Jubel-Melodein.

Wie die Sturmflut, unermüdlich,
Tönt des Konterbass’ Gebrumm;
Und die Schöne lächelt friedlich
Nieder auf das Publikum.

Ach, da werden wider Willen
Aller Augen patschenass,
Kneifer türmen sich auf Brillen,
Und davor das Opernglas.

Trommelwirbel und Geklingel!
Lauter dröhnt der Pauken Ton;
Und im Taumel tanzt die Tingel-
Tangel-Tänzerin davon.

Und nun schwillt das dumpfe Gröhlen
Zum Radau bei Alt und Jung,
Und aus tausend Männerkehlen
Wälzt sich die Begeisterung.

Doch das Mädchen ist entschwunden,
Hat sich auch vielleicht derweil
Schon mit Schnüren losgebunden
Ihrer Reize grössten Teil.

Lang noch hallen tiefgestöhnte
Liebesklagen rings umher;
Doch umsonst, das heissersehnte
Mädchen kokettiert nicht mehr.

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