Segelfahrt

Ich segele kühn durch den tobenden See,
Durchfahre die bäumende Flut
Mit bloßen Armen und wehendem Haar
Und lebensverachtendem Mut;
Wohl springen die Wellen am Bord in die Höh',
Bespritzen mir Backen und Füße,
Doch ich achte es nicht
Und ich rede mir ein,
Es sei'n nur der Seejungfern Grüße.

Es wühlt der Wind in dem straffen Gezeug
Und sprengt fast die stöhnenden Laken,
Es knastern die Klammern vom zerrenden Seil,
Es kreischet das Steuer am Haken.
Wohl spritzt mir der Gischt über Stirne und Rock,
Im Haar die Flocken mir kleben,
Um die Stirne mir hell
Einen Siegeskranz
Die verliebten Seejungfern weben.

Von Westen, zu dunkelem Knäuel geballt,
Zieht die Wetterwolke herauf,
Von schwefligfalbem Gedünste umzuckt,
Beginnt sie den rasenden Lauf.
Hoioi, mein Schiffchen, nun zeig deine Kraft,
Jetzt geht es um Leben und Sterben,
Doch mich kümmert es nicht
Und ich denke nicht dran,
Ob uns Rettung blüht oder Verderben.

Auf demselbigen Fleck, wo mein Boot grade ächzt,
Sind am gestrigen Tage versunken –
Von dem Sturme verweht, von der Woge errafft,
Zwei junge Gesellen ertrunken.
Die liegen nun weich in der Seejungfern Arm,
Vor Unglück und Kummer geborgen,
Ich beneide sie nicht,
Denn ich weiß es ja nicht,
Ob ich selber nicht schlafe dort morgen.

Dicht über der Welle weißschäumendem Kamm
Die hungernden Seeschwalben kreischen,
Als wollten sie aus dem grünklaffenden Schlund
Die gestrigen Opfer erheischen;
Sie gellen und kreischen dem Sturme zum Trotz,
Hell schimmern die zierlichen Schwingen,
Ja, kreischt nur und lacht,
Vielleicht wird mir von euch
Noch ein Sterbegelächter erklingen.

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