Die Entfernte

Die silbernen Wellen des heil’gen Ibero,
Sie sahen Auroren, und strahlten ihr Bild.
Die schüchternen Nymphen im dunkeln Gebüsche,
Sie sahen Auroren, und schlüpften hinab.

Am Ufer erquickten sich sprießende Blumen
Im Schimmer der Göttin, und fühleten neu.
Die Vögel besangen mit Zungen der Harfe
Die Schönheit der Gottin, und – schwiegen verstummt.

Denn siehe, da wandelt ein Mädchen am Ufer;
Der Mond und die Sterne, sie schieden hinweg;
Die silbernen Wellen des heilgen Ibero
Vergaßen Auroren und strahlten ihr Bild,

Die räubrischen Augen, die lieblichen Bogen,
Die Lilienfrische, den wimpernden Strahl;
Die lieblichen Räuber, umschleiert mit Sorge,
Im Nebel der Thränen den wimpernden Strahl.

Sie setzte sich nieder ans horchende Ufer;
Aurora verweilte, und hörte Gesang:
»Ihr silbernen Wellen des heilgen Ibero,
Ihr sehet mich weinen, ich weine zu euch.

Ihr rauschet zu Ihm hin, ihr silbernen Wellen,
Um den ich hier weine, der fern mir verweilt
O! möcht’ er verweilen, nur nimmer vergessen
Der Seele, die immer in Träumen ihn sieht.

Geht zu ihm, ihr Wellen, und rauschet ihm frühe,
Und rauschet ihm klagend, was hier ich euch sang.
Erinnr’ ihn, Aurora, in warnenden Träumen,
In lieblichen Träumen, und zeig ihm mein Bild.

Ihr schüchternen Nymphen, die Kränze sich winden,
Nehmt hin diese Blumen, und gebt ihm den Kranz,
O! möcht’ er verweilen, nur nimmer vergessen
Der Seele, die immer in Träumen ihn sieht.«

Die Vögel besingend den lieblichen Morgen,
Sie schwiegen und horchten und lernten das Lied.
Die schüchternen Nymphen im dunkeln Gebüsche,
Sie nahmen die Blumen und schlüpften hinweg.

Aurora mitleidig nahm purpurne Nebel,
Und bildete Träume, und bildet’ ihr Bild –
Auf fuhr aus den Träumen der weilende Schäfer
Und eilete zu ihr, und sank ihr ans Herz.

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