Der Minnesänger

Die Geliebten und die Schönen
Weinen,
Daß der Frühling mit den Kränzen,
Mit der Blumen süssem Glänzen,
Mit den Nachtigallen Tönen,
Im Erscheinen
Nur so kurze Zeit mag weilen,
Daß er mit den Vögeln, Düften, Farben muß so schnelle eilen.

Freilich ist es nur ein Träumen,
Spielend
Kommt das Kind in unsre Auen,
Wie wir in die Bläue schauen
Seines Blicks, in Himmels-Räumen,
Lieblich fühlend
Wie ein Fest uns soll beginnen,
Flog der Lose boshaft, wenn wir rückwärts schauen, schon von hinnen.

Alle Blüthen sind verstreuet,
Grünen
Möchte Laub und Gras so treulich,
Blumen möchten seyn erfreulich,
Doch das Jahr ist schon entzweiet;
Und erschienen
Ist der Sommer mit den Früchten,
Nachtigall sieht alles reifen muß in andre Frühling' flüchten.

Holde Liebe, süße, treue,
Klagen
Muß ich, daß wie Wolkenschauer
Plötzlich kommt die Angst und Trauer;
Machst du erst das Jahr so neue?
Muß ich fragen,
Ach wie grausam, daß so balde
Ich allein gelassen von Gesang und Licht und Duft im Walde?

Ja der Frühling muß entweichen,
Freuden,
Alle frohen goldnen Stunden
Haben bald den Tod gefunden,
Blumen, Lichter, Farben bleichen,
Wälder kleiden
Sich in grünen Schmuck und prangen,
Ziehn das Kleid aus, trauern stille, wann die Hochzeit ist vergangen.

Darum pflückt die Garten-Sterne
Sinnend
Gern das liebesschwangre Herze,
Trägt sie wie die glimmende Kerze
Still behutsam nur so ferne,
Daß sie brennend
Des Geliebten Hand mag fassen,
Und der lächelt in die Flamme, die am Abend muß verblassen.

Doch er ließt den Liebesmuth
Freudig
In dem zarten bunten Kinde,
Druckt das Zeichen dann gelinde
An die rothe Lippengluth,
Seufzt: was leid' ich!
Warum sollten doch wohl pflegen
Gärtner helle Rosen, könnten Liebesherzen sie nicht hegen?

Also muß ein liebes Singen
Innig,
Wie es flüchtig geistig schwebet,
Kaum bewußt sich, daß es lebet,
Das geliebte Herz durchdringen:
Ach, das bin ich!
Klagt die Seele in die Töne,
Um so kürzer euer Leben, um so mehr nur hold und schöne.

Was soll Liebe doch wohl lieben,
Liebe,
Als das schöne arm Vergängliche?
Pflegen muß sie zart die kränkliche
Freude, und sich daran üben,
Denn sie bliebe
Nicht die Liebe, wenn das eine,
Was da ist und bleibt, ihr Wunsch wie Freude sollte seyn alleine.

Was noch zarter ist als Töne,
Scherzend
Mehr als Melodie und Düfte,
Selber nicht berührt die Lüfte,
Lebend in der eignen Schöne
Lieblich scherzend? –
Ach es sind die Liebsgedanken
Die in Wehmuth, Sehnsucht, Andacht, wie in Blumenkelchen schwanken,

Wem die Lippen sind verschlossen
Klängen,
Wem nicht Blumen Winter giebet
Und er treu und sehnlich liebet
Ganz von Ahndungen umflossen,
In Gefängen
Muß sein Herz heimlich zerrinnen,
Wunsch, Andenken ewiges, sind die Blumen, die er kann gewinnen.

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