Der Traubenmarkt

Führt mich an des Morgens Frühe
Durch die sonnenhellen Gassen,
Ueber die zierlichen ebnen Steine
Der Genius der Neugier durch das Volksgedränge.

Welche Fülle von Blumen und Früchten
Bunt und lockend ausgelegt!
Welch Geschrei von Verkäufern und Käufern,
Wie lustig ist dieses Marktes Getümmel!

Fortgeschoben
Seh ich in hohen Körben
Der sanften Tauben Geschlechter,
Ruhig liegend, an Füßen gebunden,
Hoch auf einander gepackt.
Und aufgehoben
Eine nach der andern,
Nimmt sie behende der Alte,
Oeffnet leicht den Schnabel,
Streut einige feine Körner hinein.
Ein Zweiter empfängt sie,
Ein kleiner Trichter
Wird ihr in den zarten Schnabel gethan,
Und einige Wassertropfen eingeflößt.
Dann wirft er sie neben sich in den Korb,
Und so eine nach der andern,
Bis jede genossen,
Was sie in der Hitze bedarf.
Noch stand ich lächelnd,
Und die beiden Fütterer lächelten mir entgegen,
Weil sie meine Unwissenheit merkten,
Daß ich nie dergleichen gesehn.

Doch sinnend ging ich weiter,
Tiefer Gedanken voll,
Und meine Seele weilte
Heimathlicher Gefühle schwanger
Im lieben Vaterlande.
Dachte der Lesezirkel,
Der Journal-Gesellschaften,
Wo den Aufeinandergepackten,
Nach Bildung Lüsternen,
Auch so das Mäulchen geöffnet wird,
Und wenig zarte Körner
Und einige Tröpflein Wasser
Ihnen zufließt von geschickten Fingern.

O armes Florenz,
Das du nur bildlich
Von unsrer Bildung
Die schwache Ahndung hegst!

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