Mein Gesang

Ob ich die Freude nie empfunden?
Ob stets mein Lied so traurig klang?
O nein! ich lebte frohe Stunden,
Da war mein Leben Lustgesang.
Die milde Gegenwart der Süßen
Verklärte mir das Blumenjahr.
Was Morgenträume mir verhießen,
Das machte stets der Abend wahr.

O könnten meiner Wonne zeugen
Des Himmels und der Bäche Blau,
Die Haine mit den Blüthenzweigen,
Der Garten und die lichte Au!
Die haben Alles einst gesehen,
Und haben Alles einst gehört.
Doch ach! sie müssen traurig stehen,
Auch ihre Zier ist nun zerstört.

Du aber zeuge, meine Traute!
Du Ferne mir, du Nahe doch!
Du denkst der kindlich frohen Laute,
Du denkst der sel’gen Blicke noch.
Wir hatten uns so ganz empfunden,
Wir suchten nicht das enge Wort;
Uns floß der rasche Strom der Stunden
In freien Melodieen fort.

Du schiedest hin, die Welt ward öde,
Ich stieg hinab in meine Brust;
Der Lieder sanfte Klagerede
Ist all mein Trost und meine Lust.
Was bleibt mir, als in Trauertönen
Zu singen die Vergangenheit?
Und als mich schmerzlich hinzusehnen
In neue goldne Liebeszeit?

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