Pans Flucht

Grün umbuscht und bunt umblüht,
Mittagssonnenüberglüht,
Inselheckensicher sitzt
Pan und schnitzt.

Schnitzt aus Fliederholze sich
Eine Flöte meisterlich;
Und er setzt sie an den Bart
Fliederzart.

Zierlich, sacht,
Und er lacht:
Blas ich damit auf dem See
In der Nacht,
Wird den wackern Dichtern weh
In der Nacht.

Blas ich damit süß am Tage,
Ach!
Weck ich ihnen Dichterklage,
Ach!
Wehe, weh mir armem Pan,
Was ich thu ist mißgethan,
Denn, dieweil ich schlief, indessen
Haben sie es ganz vergessen,
Wie sichs lacht.

Leise flötet er. Das klingt,
Wie wenn zwischen frischem Moose
Ueber Kiesel, glatte große,
Eine helle Quelle springt.
Wie des blauen Flieders Duft
Schwebt dies Tönen durch die Luft,
Voll und lind.

Und die Flöte hört ein Kind,
Das im Busche Blumen brach.
Und es geht dem Klange nach,
Herzgeschwind.
Dachte hier sich ganz allein,
Und nun flötet Einer,
Wer mag dieser Flöter sein?
So wie der kanns Keiner,
Keiner, den sie je gehört;
Ach, sie ist ganz tonbethört,
Und ihr Herz schlägt schnelle.
Sicher, gar ein schöner Mann
Ist, der also flöten kann,
Und ein junger Geselle.

Und sie schürzt sich hoch den Rock,
Folgt dem Klange immer zu,
Busch durch über Stein und Stock;
Nein doch, hu!:
Der da flötet ist ein Bock!

Himmel, ach, wie sieht der aus!
Braune Haare, dick und kraus,
Um und um;
Und die Nase, und die Beine,
Die sind krumm!
Hat ein Wackelschwänzchen gar
Und zwei Hörner, wunderbar!
Aber Kleider keine.

Und sie lacht und lacht und lacht,
Bis ihr Thränen rinnen.

Pan ist aus dem Lied erwacht,
Und er flieht von hinnen.
Flieht in tiefste Einsamkeit,
Menschensicher, menschenweit.

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