Sonnenblicke

Leises Blätterrauschen rings,
Traumhaft, wie im Märchenwalde ...
Vogelsingen von den Zweigen,
Schmelzend bald in langgezogenen,
Schluchzenden Tönen, bald in lautem,
Hochaufschmetternden Jubelruf. –
Leise der Wind weht ... Leise die Düfte
Ferner Blumen schwanken im Winde.
Schweigend kreisen Blüten und Blätter
Langsam nieder – frühgewelkte;
Milde blickt mit tausend blauen
Augen durchs Geäst der Himmel ...
Blaue, milde, schöne Augen,
Feucht erglänzend in fraulicher Güte,
Haben mir tief in die Seele geleuchtet –
Sonnenblicke, Sonnenblicke ...
Trüb und dumpf, von Qual und Zweifel
Aufgestachelt und niedergedrückt,
Schwankte mein Herz in öder Leere.
Sehnsucht, Sehnsucht breitete aus,
Schloß und breitete wiederum
Ihre dürren Arme aus ...
Träume, nur Träume kamen und schauerten
Holde Bilder in meine Seele,
Schönheitsvolle glückselige Bilder,
Buntgestaltige, schön in Liebe, –
Aber mit rauhem Griffe zerriß
Grausam kalt die unerbittliche,
Grelle Wirklichkeit die schimmernden,
Und mein thränenloses Auge
Sah in die Welt zu klar, zu klar. –
Drinnen, tief im leeren Innern,
Ewige Nebelnacht der Seele,
Kalt und schweigend,
Einsam,
Todt –:
Unkrautüberwucherter Friedhof
Hingestorbener Gefühle.
Gräßliche Ruhe. Ruhe des Scheintods;
Stummes Krampfen, jäh unterbrochen
Schmerzlich von zuckenden, heulenden Stößen
Wühlenden Verzweiflungssturms.

Milde glanzvoll, feucht erschimmernd,
Sonnenstrahlenklar und wärmend
Drang in dieses stumme Dunkel
Zweier Augen seliges Licht.
Helle wards. Und heiter weitete
Sich das Herz im freundlichen Schimmer
Dieser Menschen-Sonnenblicke,
Und es keimte, schwellte, wuchs,
Drangvoll, frühlingsgläubig, selig
In dem milden, warmen Lichte
Hoch empor die Blüte der Liebe.

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