Ach, ihr Seelendreher

Ach, ihr Seelendreher,
ach, ihr Geisterseher,
kluge Psychologen!
Euch kommt angeflogen,
was wir nie ergründen:
unsre dunkeln Sünden,
unser Weh und Ringen,
unser Träumen, Singen,
unser Kämpfen, Gären
wißt ihr zu erklären.
Ihr kennt wohl Bescheid
tief in unserm Leid.
Ängsten uns die Hexen,
sprecht ihr von Komplexen.
Starren aus den Ecken
Fratzen, die uns schrecken,
quält uns Gott und Satan,
gleich rückt euer Rat an,
und prophetisch-pythisch,
psychoanalytisch
sucht ihr krumm und grade
unsre Seelenpfade.
Eure Worte alle:
eine Mausefalle,
uns mit Speck und Brocken
aus uns selbst zu locken.
Eure Lehrergesten
sollen die Gebresten
unsrer Seelen meistern. –
Dringt mit euern Geistern,
seid ihr noch so weise,
nicht in unsre Kreise!
Haltet euch bescheiden
hinter unsern Leiden!
Schleicht nicht wie die Diebe
uns in Haß und Liebe!
Sonst kann sich's begeben,
daß wir uns beleben,
daß sich unsre Hemmung,
Sperrung und Beklemmung
plötzlich eurer wehrt
und euch fliegen lehrt,
werte Psychologen,
in graziösem Bogen.

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