Nacht im Schwarzwald

Von schwarzen Bergwaldwipfeln überdacht,
im tiefen Pelz des Schnees fest zugedeckt,
gleichmäßig atmend ruht die Nacht.
Der Wasserfälle dunkles, stetes Rauschen
scheint Grüße mit dem Firmament zu tauschen.
Kein Laut sonst, der die Einsamkeit erschreckt.
Hier ist kein Kampf; hier ist des Friedens Schweigen ...
Mild glänzend durch den nächtigen Dämmer bricht
aus schwarzen, leicht beflockten Tannenzweigen
weihnachtlich eines fernen Häuschens Licht.
Dort wachen Menschen. – Sei's, daß eines Bauern
bigotte Sippschaft löffle ihren Brei,
daß es die Hütte eines Holzknechts sei;
mag weltscheu dort ein keuscher Beter kauern –
und hätte selbst zu tausend Märchenwonnen
ein Liebespaar sich hinterm Schnee versponnen:
Lug ist die Weltflucht, Lug der Friedensdom.
Aus mildem Lichte flackern Sklavenkräfte;
im lauten Tal wirkt Arbeitsschweiß den Strom,
den leuchtenden, aus donnernden Maschinen.
Der Eremit, das Liebespaar – auch ihnen
folgt, aller Andachtseinsamkeit zum Hohn,
auf ihre Höh'n die Fratze der Geschäfte,
der Not, des Unrechts und der Menschenfron ...
Ihr flüchtet, Narren, nicht in Nacht und Schnee
aus Elendswüsten, wo der Hunger keucht.
Der Lampenbirne freundliches Geleucht
verbindet euch mit allem Menschheitsweh. –
Helft von der Not der Arbeit Last befrei'n!
Wenn dann ein stilles Licht im Bergwald brennt,
dann wird es hell in euerm Tempel sein.
Das Menschenwerk, das freie Hände schufen,
wird, wie der Wasserfall zum Firmament,
zu euern Höh'n den Gruß der Täler rufen.

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