Überschwemmung

Wo der Schlangenweg der Bäche
sich durch braune Felder klemmt,
ist ein Wetter dreingefahren –
und wo Gras und Sträucher waren,
ist die weite Erdenfläche
grau und trübe überschwemmt.

Niedre Hütten, kalt umflossen,
ragen traurig aus dem See.
Abgerißne Bäume schwimmen.
Tränenfahle Frauenstimmen,
auf das Wasser hingegossen,
klagen Gott ihr Menschenweh.

Wo ein Hügelfeld den Fluten
trotzig ihre Schranke baut,
knien menschliche Gestalten,
welche Rosenkränze halten.
Christus mag noch einmal bluten,
daß das Wasser rückwärts staut ...

Doch die Arbeit ist vernichtet,
welche Menschenhand verrichtet.
Ehe Gott die Schwüre hört,
hat er Fleiß und Glück zerstört.
Mögen sie nun neu beginnen:
bauen, karren, ernten, pflügen;
mag der Schweiß von neuem rinnen ...
Wenn die Früchte wieder reifen,
wird der Reiche danach greifen
und den Armen drum betrügen. –

Menschen! Wollt ihr denn nicht fühlen?
Wo der Schlangenweg der Bäche
sich durch braune Felder klemmt,
laßt doch Wetter drüber spülen!
Freut euch, wenn die Frucht der Schwäche
Wasserflut von hinnen schwemmt!
Ob's euch Gott nimmt, ob der Reiche –
Menschen, ist's denn nicht das gleiche?

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